In jedem meiner Werke steckt sehr viel Persönliches von mir. Neugier bedeutet ja, etwas neues begreifen und ergründen zu wollen. Diese Neugier leitet und führt mich durch den Schaffensprozess. Daher spiegelt sich meine Persönlichkeit in meinen Werken wieder.

Mein Ziel ist es dem Betrachter eine Erfahrungsplattform anzubieten, in der dieser die Möglichkeit bekommt, über mich aber auch über sich selbst etwas zu erfahren. Meine Werke sollen für dieses Erfahren einen Anstoß geben – individuell und unvoreingenommen. Im besten Fall wirken die Arbeiten auf jeden Betrachter auf ganz individuelle Weise. Daher kann ich die Wirkung einer Arbeit im Vorhinein gar nicht festlegen. Die Wahrnehmung ist eine Wechselwirkung zwischen Kunstwerk und Betrachter.

Es liegt, wortwörtlich, in meiner Hand, durch handwerkliches Geschick und Präzision dafür zu sorgen, dass bei dieser Erfahrung keine Störfaktoren, die ich in diesem Zusammenhang als solche bezeichne, entstehen. Das heißt: Störfaktoren, die ablenken könnten, versuche ich weitestgehend zu beseitigen bzw. erst gar nicht zu erzeugen.

In der Tat gibt es Kunstrichtungen, von denen ich mich angezogen fühle oder wo ich mich am ehesten wieder finde. Das ist natürlich die Konkrete Kunst, bedingt durch die Kontakte zu Jürgen Blum und Hans-Herbert Hartwieg. Es gibt generell sehr gute Arbeiten in der Minimal Art, die ich wahnsinnig stark finde. Diese Reduktion nach konzeptionellen Ansätzen beeindruckt mich immer wieder. Es geht, nota bene, nicht um willkürliches Weglassen.

Pablo Picasso hat mich früher so garnicht interessiert. Ein Vogelsberger Mercedes Restaurateur hatte mal eine grüne „Heckflosse“ (einen 300 SE) und Pablo Picasso war einer der Vorbesitzer. Als ich in diesem Wagen saß, habe ich mir eingebildet, dass dieser Wagen eine ganz besondere Aura hatte. Danach begann mein Forschen, was Picasso denn für ein Mensch und Künstler war. Das sind die ganz persönliche konkrete Verbindungen.

Darüber hinaus lohnt es sich immer, andere Stilrichtungen zu betrachten – das ist für mich notwendiges Weiterbilden und Sehen sowie Wahrnehmen lernen. Es gibt sehr gute Arbeiten aus bestimmten Formierungen der Nachkriegszeit. Das war in jeder Hinsicht Aufbruchstimmung pur, auch in der Kunst. Ich versuche, sehr viele Informationen zu bekommen. Bei anderen Arbeiten versuche ich auch immer, Informationen über Haltung und Geist des Künstlers sowie sein Konzept zu erfahren. Alles in allem bin ich schon sehr konzeptionell geleitet. Das ist manchmal Fluch und manchmal Segen.

Ja, die gibt es, und auch das ist ein Stück weit biographisch. Zur Zeit habe ich eine Phase, in der Tapes, also Klebebänder, recht häufig zum Einsatz kommen. Da ich in der Werbetechnik tätig war, hatte ich ständig mit Folien und selbstklebenden Materialien zu tun. Deshalb greife ich vielleicht heute wieder auf diese Materialien zurück. Außerdem verwende ich sehr gerne Transparentpapier. Ich bevorzuge im Moment eine sehr schwere Ausführung dieses Papieres. Es ist beständig und hat eine sehr feste, dichte und harte Oberfläche, die sich aber auch sehr schwer bearbeiten lässt. Es ist sogar das härteste Papier und kommt Kunststoffen vielleicht sehr nahe. Ich liebe die Transparenz und die besondere Haptik dieses Spezialpapieres.

Mit der Entstehung eines Konzeptes werden direkt auch die Fragen nach dem passenden Material geklärt. Bewährten Materialien bleibe ich treu, wenn möglich. Folien habe ich sogar in einer meiner allerersten Studien verarbeitet – keine selbstklebenden Folien, sondern gebrauchte und sehr dicke. Diese großformatigen Arbeiten sind allerdings noch unter Verschluß und noch nicht soweit, dass diese öffentlich präsentiert werden können.

Begeisterung und Leidenschaft sind der Antrieb, der das höchste Drehmoment auslöst. Wenn ich davon spreche, dass “meine Begeisterung manchmal überdreht”, dann meine ich damit folgendes: wenn ein neues Konzept entsteht und ich neue Ideen entwickle, dann bin ich von Beginn an mit vollem Elan bei der Sache. Wenn erste Studien entstehen, dann kann es vorkommen, dass mein Sinn für Qualität mich vom groben Entwurf in die Detailarbeit leitet. Dabei fasziniert mich der perfekte Schnitt im Transparentpapier, der durch eine Lasermaschine erzeugt  wird, genauso wie die Idee an sich.

Es sind die kleinen Erfolge auf dem Weg zum großen Ganzen, die mich glücklich machen. Wenn man „überdreht“ gibt man sich ein Stück weit auf und verzehrt sich im künstlerischen Schaffensprozess. Dieses zu hohe Drehmoment kann dazu führen, dass ein Bauteil, ein Element der Antriebswelle abscheert. Zum Glück kann man das wieder reparieren. Bei mir ist es so, dass ich dieses Projekt dann erstmal zur Seite lege und später mit frischer Energie und neuem Fokus die Arbeit wieder aufnehme. Die Möglichkeit, Pausen in den einzelnen Projekten einlegen zu können, hilft mir sehr und formen mich und mein Schaffen zu dem wie ich bin und wie meine Kunst ist.

Seit Geburt habe ich Grünen Star, dass heißt der Augendruck reguliert sich nicht richtig und kann schon mal unkontrolliert stark ansteigen. Das war nach der Geburt am linken Auge bei mir der Fall und wurde von den Ärzten leider nicht sofort erkannt. Ich wurde mit drei Jahren in Gießen operiert, aber Auge und Sehnerv waren leider schon zu stark beschädigt. Deshalb ist die Pupille etwas aus der Richtung und auch etwas größer als mein rechtes Auge. Ende der Neunziger Jahre wurde ich nochmal in der Uniklinik in Köln operiert. Seitdem sehe ich auf diesem Auge leider gar nichts mehr.

Ich erlebe im Alltag häufig, dass Gesprächspartner irritiert und etwas verunsichert sind, auf welches Auge sie achten sollen. Diese Besonderheit gehört aber schon mein ganzes Leben zu mir und daher spreche ich es meistens ganz unverkrampft an und versuche so, meinem Gegenüber die Irritation zu nehmen und dies kurz zu erklären.

Ich habe es nie als Beeinträchtigung empfunden. Natürlich fehlt mir die linke Seite des Sichtfeldes, was dazu führt, dass ich meinen Kopf mehr nach links bewegen muss, um alles wahrnehmen zu können. Zum Beispiel beim Autofahren: ich muss beim Schulterblick etwas weiter über die Schulter schauen. Oder wenn mir jemand etwas von links anreicht sehe ich dieses nicht sofort. Das ist eigentlich auch schon alles. Mein rechtes Auge kompensiert sehr viel. Was es allerdings nicht ausgleichen kann, ist die dreidimensionale Wahrnehmung und mein räumliches Sehen. Eine Tasse Kaffee oder ein Glas Wasser einschenken kann da schon mal zu einer kleinen Herausforderung werden. Meine lebenslange Erfahrung hat mich aber Tricks und Kniffe gelehrt, sodass ich noch kein Wasser und auch keinen Kaffee verschüttet habe 😉

Da viel Persönliches von mir in meinen Arbeiten steckt, fließt auch gleichzeitig viel Erfahrung mit ein. Jedes Konzept und jeder Prozess wird gespeist durch neue Eindrücke, aber ruft immer die zuvor gesammelten Erfahrungen ab. Ist das nicht bei jedem so? Man lernt aus seiner Erfahrung und versucht das, was gut war, beizubehalten und Dinge die einem nicht gefallen haben, zu verändern.

Ich betrachte dabei Erfahrung gerne auf verschiedenen Ebenen: zum einen die handwerkliche Ebene, zum anderen philosophische, bis hin zur spirituellen Erfahrung. Häufig merkt man dabei, dass die eine Ebene die andere beeinflusst. Diese Wechselwirkung ist ein sich stetig befruchtender Prozess der sich auch in meiner Neugier wiederspiegelt.

Grundsätzlich könnte man das so sagen. In meinem Leben ist ja nichts so trennscharf voneinander abgegrenzt: ich bin nicht von 9:00 bis 19:00 Uhr geschäftlich und danach und davor ausschließlich privat. Ich schalte nicht zwischen den Modi „künstlerisch“, „privat“, „kreativ“, „geschäftlich in Agentur“, „geschäftlich in Kunst“ usw. hin und her. Ich bin immer alles. Deswegen kann es auch sein, dass ein kreativer Ansatz, der für ein künstlerisches Konzept erdacht war, plötzlich zu einem Präsentations- oder Bühnenkonzept passt. Oder es ergeben sich aus einem kreativen Workshop für eine Präsentationsstruktur Antworten auf Fragen, die ich ihm Zusammenhang für eine künstlerische Serie gestellt hatte.

Ich denke, dass man hier die Brücke zu „Panta rhei“ finden könnte: der von Platon aufgegriffene Aphorismus zur Kennzeichnung der heraklitischen Lehre, in der eben „alles fließt“. Ich sehe auch nicht wirklich einen Sinn darin, dass man Kunst und Kommerz zwingend voneinander trennt. Man sollte sich allerdings im Klaren darüber sein, dass der riesige und unendlich scheinende Freiraum, den die Kunst bietet, schnell falsch beschnitten werden kann, wenn ein kommerzielles Setting vorgegeben wird. Oder man wählt dieses gezielt für ein künstlerisches Setting, wie ich es bei meinen Corporate-Art-Ansätzen versuche (wobei ich hier anmerken möchte, dass es kein einfaches Unterfangen ist – zumindest für mich in der aktuellen Phase).

Es gab Momente in der jungen Geschichte, in denen die Übergänge zwischen freier Kunst und angewandter Kunst als selbstverständlich angesehen wurden. Nehmen wir zum Beispiel Anton Stankowski in den 1960er und 1970er Jahren. Er war ein wichtiger Vertreter der Konkreten Kunst und zugleich erfolgreicher Grafiker. Eine seiner bekanntesten grafischen Arbeiten ist das Logo der Deutschen Bank.

Oh, das ist ja ganz schwierig, da ich den Geldgeber ja gar nicht kenne. Ich kenne seinen Bezug zur Kunst nicht, ich kenne seine Prämissen nicht, ich kenne seine Wünsche nicht und so weiter. Wollen wir uns an dieser Stelle darauf einigen, dass ich Arbeiten kaufe, die mir persönlich zusagen und die für mich als wichtig erscheinen.

Einigen wir uns auf drei Arbeiten: als erstes großartiges Werk fallen mir die betenden Hände von Albrecht Dürer ein. Ich habe allerdings keine Ahnung, was die kosten würden. Sie hängen ja meines Wissens in der Albertina und sind daher wahrscheinlich auch nicht verfügbar. Als zweites würde ich ein großformatiges Werk von Gerhard Richter nehmen aus der Serie der Farbfelder.

Als drittes Werk würde ich eine riesige Stahlskulptur von Richard Serra ins Auge fassen. Wie wäre das? Sind wir hier insgesamt noch im Millionen- oder schon im Milliardenbereich!?

Ich würde gerne mal in anderen Ecken von Hamburg vor Anker gehen, um die Sprache des Hafens aufzugreifen. Ich würde gerne mal andere Stadtteile näher kennenlernen und dort wohnen und arbeiten: das wären vielleicht die Hafencity, Blankenese oder Othmarschen und nördlich der Außenalster.

Außerhalb Hamburgs würde ich gerne mal in New York arbeiten und ein Atelier in einem alten Fabrikgebäude aus Backstein à la Factory von Andy Warhol beziehen. Ich glaube, dass diese Stadt und ihre kreative und künstlerische Seite eine ganz besondere und starke Inspiration wäre. Ein halbes Jahr oder vielleicht ein Jahr würde ich das gerne mal ausprobieren.

Dann würde ich gerne mal in den Bergen, vielleicht in den Dolomiten arbeiten. Wenn man die Natur als Antrieb sieht, dann ist diese dort vielleicht eine andere als an der Außenlaster. Ach ja, Arbeiten und Wohnen liegen für mich optimaler Weise immer nah beieinander. Ich brauche da keine Distanz um abzuschalten oder Abstand zu bekommen.

Spontan fällt mir noch was ein: ich würde mein Atelier gerne mal in oder neben einer Porsche-Werkstatt haben oder im direkten Umfeld mit meinem Traumwagen. Spannend wäre ja insgesamt zu betrachten, wie sich an diesen unterschiedlichen Standorten die Kunst verändert, sowohl in der Kreation wie auch in der Rezeption.

Das ist eine tolle Frage, denn Demut und Dankbarkeit sollten einen sehr wichtigen Stellenwert im Leben haben. Ich bin sehr dankbar für meine Familie. Ich bin dankbar dafür, dass ich in Liebe, Geborgenheit und Freiheit aufgewachsen bin. Ich bin dankbar für mein Wesen: für meine Geduld, für meine Ausdauer, für meine Kreativität. Ich bin dankbar, dass ich in Hamburg leben und arbeiten darf. Ich bin dankbar für jeden Tag, an dem ich morgens aufstehe und ins Studio gehen kann.

Das waren die ersten zehn Fragen. In Kürze folgen Interviews im Video-Format. Es bleibt spannend – für mich auf jeden Fall.

DAS ATELIER IM GLASKUBUS:

CARSTEN HARDT
KIEBITZHOF 1C
22089 HAMBURG-EILBEK

TELEFON    +49 40 253291-32
MOBIL    +49 160 93961232
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